In diesem Artikel schauen wir uns gemeinsam das Thema User Story Mapping an. User Story Mapping ist eine Splitting-Strategie, mit der eine User Story oder eine grössere Anforderung in einzelne Schritte zerlegt und visuell dargestellt werden kann.
Die Vorteile des User Story Mapping auf einen Blick:
- Klarheit: Du siehst das Gesamtbild und die Schritte gleichzeitig.
- Kommunikation: Das Team hat eine gemeinsame Sicht auf das Projekt.
- Priorisierung: Du kannst die wertvollsten Aspekte zuerst angehen.
- Anpassungsfähigkeit: Änderungen können leicht integriert werden.
- Abhängigkeiten: Es wird deutlich, welche User Stories voneinander abhängig sind.
Als praktisches Beispiel betrachten wir den Bestellprozess einer Essenslieferdienstplattform.
Warum das Splitting von User Stories sinnvoll ist, erkläre ich in diesem Beitrag.
Die User Story Splitting Strategien funktionieren übrigens auch bei grösseren Arbeitspaketen. Ob Epics, Features oder im klassischen Umfeld spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.
Wenn du mit dem User Story Mapping vertraut bist, kannst du die Komplexität der Anforderungen besser in den Griff bekommen und optimale Arbeitsergebnisse erzielen. Also schnapp dir dein Lieblings-Heissgetränk, nimm dir 10 Minuten Zeit und los geht’s!
Übersicht
- Was ist User Story Mapping?
- Wie liest man eine User Story Map?
- Wie erstelle ich eine User Story Map?
- Kann sich eine User Story Map ändern?
- Beispiel: Bestellprozess einer Essenslieferdienstplattform
- Kleine Übung – Erstelle deine eigene User Story Map
- Fazit
Was ist User Story Mapping?
User Story Mapping ist die Aktivität, deren Ergebnis eine User Story Map ist. Wie bei den User Stories steht auch hier die Person im Mittelpunkt, die die neue Funktionalität nutzen möchte. In der Regel ist dies der Anwender oder Kunde.
Beim User Story Mapping visualisieren wir die User Stories und ihre Zusammenhänge. Wir bringen die einzelnen User Stories in eine logische Reihenfolge und können sie gleichzeitig priorisieren. Die User Story Map dient sozusagen als Kompass, damit alle an der Entwicklung Beteiligten auf dem richtigen Weg bleiben. Die Teammitglieder können mit Hilfe des User Story Mappings nachvollziehen, was der Kunde vom Produkt erwartet, wie er damit interagieren oder es nutzen möchte.
Es gibt verschiedene Arten von User Story Maps, die unterschiedlich angeordnet sind. Zum Beispiel können Produktvisionen und -ziele, notwendige Massnahmen, abgeleitete Aufgaben und User Stories visualisiert werden. Oder wir stellen Epics, Features, User Stories und Tasks in einer Übersicht dar.
Wie liest man eine User Story Map?
Im Gegensatz zu einem flachen Product Backlog bietet eine User Story Map eine zweidimensionale Landkarte.
Horizontal
- In der obersten Zeile sehen wir die High-Level Anforderungen (Epics, Features oder Themes).
- Wir lesen von links nach rechts und erhalten so die logische Reihenfolge der High-Level Anforderungen.
- Mit anderen Worten, der Benutzer verwendet zuerst Epic 1, dann Epic 2, und so weiter. Diese Reihenfolge wird als Backbone bezeichnet.
- Gegebenenfalls kann es hilfreich sein, oberhalb der ersten Zeile eine weitere Gruppierung der High-Level-Anforderungen einzuführen.
Vertikal
- Die Priorisierung der einzelnen User Stories innerhalb jeder Spalte bzw. eines Epic, Feature, Theme kann ebenfalls abgelesen werden. Je weiter oben eine User Story steht, desto wichtiger ist sie.
- Man kann die User Stories auch direkt einzelnen Sprints zuordnen (ebenfalls vertikal).
Wie erstelle ich eine User Story Map?
1. Bestimme deine Benutzer
Definiere zunächst, wer deine Nutzer sind. Was sind ihre Ziele?
2. Ermittle das Problem
Überlege dir, welches Problem deiner Benutzer du lösen möchtest. Stecke den Rahmen ab, damit das Problem oder deine Lösung nicht zu überwältigend wird. Wie trägt die Lösung dieses Problems zum Mehrwert des Produkts bei?
3. Visualisiere den Backbone
Definiere den roten Faden und die einzelnen Aktivitäten im Arbeitsablauf deines Benutzers. Diese Aktivitäten sollten breit gefächert sein, da wir sie im nächsten Schritt verfeinern wollen.
4. Erstelle User Stories
Definiere User Stories, die beschreiben, wie die Benutzer dein zukünftiges System oder Feature verwenden werden. Alle User Stories zusammen bilden die Customer Journey. Ordne die User Stories den einzelnen Schritten im Backbone zu.
5. Priorisiere die User Stories
Ordne die User Stories vertikal von der wichtigsten zur unwichtigsten. Dies hilft dem Team zu verstehen, welche Stories den grössten Einfluss auf die Customer Journey haben.
6. Identifiziere Abhängigkeiten und Hindernisse
Bei der Erstellung der User Story Map kann es vorkommen, dass das Team Bereiche mit fehlenden Informationen, Engpässe, Lücken oder notwendige Vorarbeiten identifiziert. Nimm diese Erkenntnisse in deine User Story Map auf. Du kannst zum Beispiel Technical Stories oder Spikes erstellen, um Alternativen zu finden oder Unklarheiten zu beseitigen.
7. Plane deinen Sprint
Mit Hilfe von Planungstechniken wie Planning Poker kannst du den Aufwand für die User Stories abschätzen. Wie viele Story Points dein Team in einem Sprint schafft, kann dir die historische Velocity deines Teams beantworten. Nun kannst du die User Stories den verschiedenen Sprints zuordnen.
Kann sich eine User Story Map ändern?
Eine User Story Map ist wie ein Product Backlog ein lebendes Artefakt. Das bedeutet, dass die zu Beginn getroffenen Annahmen regelmässig überprüft werden müssen.
Die Ziele der Nutzer können sich ebenso ändern wie die Priorisierung der User Stories oder die technischen Möglichkeiten der verwendeten Architektur.
Traditionell wurden User Story Maps mit Sticky Notes auf Wänden oder Whiteboards erstellt. Sticky Notes lassen sich leicht verschieben und eine User Story Map an der Wand im Büro ist für alle sichtbar.
Allerdings gibt es auch ein paar gravierende Nachteile:
- Die Sticky Notes haften mit der Zeit nicht mehr so gut und fallen ab.
- Whiteboards werden gesäubert und die Arbeit geht verloren
- User Story Maps, die an einem einzigen physischen Standort erstellt wurden, stehen Teams an anderen Standorten oft nicht zur Verfügung.
Aus meiner Erfahrung kann ich dir Online Collaboration Boards nur wärmstens empfehlen. Das meiner Meinung nach beste Board derzeit ist miro. Damit kann ein weltweit verteiltes Team jederzeit auf den aktuellen Stand zugreifen und Änderungen können sehr einfach vorgenommen werden.
Beispiel: Bestellprozess einer Essenslieferdienstplattform
Machen wir uns das an einem Beispiel klar. Stellen wir uns eine Essenslieferplattform wie Just Eat oder Uber Eats vor.
Nehmen wir an, wir erhalten folgende Anfrage in Form einer User Story:
“Ich möchte als Endkunde eine Essensbestellung aufgeben und bezahlen, um mein Essen schnellstmöglich geliefert zu bekommen.”.
Was auf den ersten Blick einfach klingt, ist bei näherer Betrachtung zu komplex, um in einer einzigen User Story “mal eben” umgesetzt zu werden.
Also zerlegen wir diese Anforderung in eine User Story Map und gehen dabei wie oben beschrieben vor.
1. Bestimme deine Benutzer
Unser Benutzer ist der Endkunde, der hungrig zu Hause oder bei der Arbeit sitzt. Er möchte so schnell wie möglich ein leckeres Essen auf den Tisch bekommen, um seinen Hunger zu stillen.
2. Ermittle das Problem
Unser Endkunde möchte seinen aufkommenden Hunger stillen. Dabei möchte er weder selbst kochen, noch seinen aktuellen Aufenthaltsort ändern (d.h. das Haus verlassen).
3. Visualisiere den Backbone
Ganz grob wird der Endkunde folgende Aktivitäten mit unserer App durchlaufen.
Bestellung
Der Endkunde wählt ein Restaurant und dort ein oder mehrere Gerichte aus der Speisekarte aus.
Bezahlung
Der Endkunde wählt eine Zahlungsmethode aus. Er kann entscheiden, ob er dem Lieferpersonal ein Trinkgeld geben möchte. Abschliessend kann er eine Bestellbestätigung einsehen.
4. Erstelle User Stories
Nun überlegen wir uns im Detail, welche Optionen wir dem Endkunden in den einzelnen Aktivitäten anbieten. Daraus erstellen wir unsere User Stories und ordnen sie entsprechend ihrer Zugehörigkeit zur übergeordneten Aktivität.
5. Priorisiere die User Stories
Unsere erstellten User Stories ordnen wir vertikal von der wichtigsten zur unwichtigsten. Dabei überlegen wir, welche User Stories den grössten Einfluss auf die Customer Journey haben.
6. Identifiziere Abhängigkeiten und Hindernisse
Im Team betrachten wir unsere User Story Map. Wir identifizieren mögliche Lücken und Abhängigkeiten zwischen den User Stories. Müssen wir bestimmte Vorarbeiten leisten oder Bedingungen erfüllen, um eine User Story umzusetzen? Wir tragen unsere neuen Erkenntnisse in die User Story Map ein.
7. Plane deinen Sprint
Nun haben wir einen Überblick und können mit Hilfe von Planning Poker im Team den Aufwand für die User Stories abschätzen. Abhängig von Prioritäten, Kapazitäten im Team und Abhängigkeiten planen wir unseren nächsten Sprint. Beachte, dass wir immer ein funktionierendes System haben wollen, um so früh wie möglich Feedback zu bekommen.
Oben habe ich ein Beispiel für diese Anforderung skizziert. Natürlich ist das nur ein Anfang und man könnte die User Story Map noch um einige User Stories erweitern, z.B. Favoriten einführen, geschätzte Lieferzeit anzeigen, erweiterte Suche einführen, Bestellbestätigung per E-Mail versenden, etc.
Kleine Übung – Erstelle deine eigene User Story Map
Wenn du magst, kannst du jetzt selbst versuchen, eine User Story Map zu erstellen. Dir fehlt spontan ein konkretes Szenario zum Üben? Kein Problem! Stell dir einfach folgende Situation vor.
Morgenroutine
Es ist ein Wochentag. Du musst zur Arbeit in dein Büro (kein Home Office). Visualisiere den Ablauf von dem Moment, in dem dein Wecker klingelt, bis zu dem Moment, in dem du frisch und munter aus deiner Haustür trittst und dich auf den Weg ins Büro machst.
Übung Teil 1
Du kennst deinen Nutzer, sein Ziel und sein Problem. Überlege dir nun, welche Räume du in deinem Haus betrittst, bevor du dich auf den Weg machst. Damit haben wir das Grundgerüst. Was machst du jeden Morgen in welchem Raum? Stellst du den Wecker, fütterst du die Katze, putzt du dir die Zähne, weckst du die Kinder, machst du Morgenyoga?
Priorisiere deine Tätigkeiten – was ist in jedem Raum am wichtigsten, was am unwichtigsten? Gibt es vielleicht Abhängigkeiten?
Übung Teil 2
Im ersten Teil hast du eine User Story Map erstellt und die User Stories priorisiert. Jetzt geht es in die zweite Runde.
Schock! Du hast verschlafen, weil dein Wecker nicht geklingelt hat. Trotzdem musst du um diese Zeit zu einem wichtigen Termin ins Büro. Leider hast du nur 1/3 der Zeit, die du normalerweise für deine Morgenroutine brauchst. Welche Tätigkeiten sind dir am wichtigsten? Welche lässt du aus? Markiere die User Stories, die du auf jeden Fall machst.
Fertig? Herzlichen Glückwunsch! Du hast soeben den Scope für ein MVP definiert. Du hast dich für das Nötigste entschieden und kannst trotzdem dein Ziel – dein Büro – rechtzeitig erreichen. Das ist ein funktionierendes Produkt! Auch wenn du vielleicht nicht meditiert, die Pflanzen gegossen, mit dem Hund gespielt oder gefrühstückt hast.
Fazit
User Story Mapping ist eine effektive Strategie, um grosse Anforderungen in kleine Schritte zu zerlegen. Man visualisiert die Anforderungen und erhält ein Gesamtbild, was das gemeinsame Verständnis im Team fördert. Die einzelnen User Stories sind bereits grob priorisiert, um sich auf die Aspekte zu konzentrieren, die den grössten Mehrwert bringen. Aus einer User Story Map lassen sich Abhängigkeiten ableiten. Änderungen können einfach integriert werden.
Ich hoffe, dass dir das Thema User Story Mapping nun etwas vertrauter geworden ist und du diese Technik in deiner täglichen Arbeit einsetzen kannst.
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